Der Wahnsinn nimmt kein Ende

Mal ehrlich: Wer hätte sich am Anfang der Saison ernsthaft gedacht, dass RWE drei Spieltage vor Schluss noch immer im Aufstiegsrennen sein würde? Selbst die kühnsten unter uns hätten sicherlich eine Saison ohne Abstiegssorgen sofort unterschrieben. Dass es nun echt darum geht, bei einem Ausrutscher der Konkurrenz zur Stelle zu sein, ist – zumindest für mich – einfach unfassbar.

Besonders imponierend ist dabei nach wie vor die Spielweise, mit der unser Team auftritt. Der Druck, den die Adler mit ihrem Sieg bei Viktoria scheinbar aufgebaut haben, in positive Energie umgewandelt und eine Mannschaft, die quasi ausschließlich aus „Schränken“ besteht, mit 4:0 nach Hause geschickt. Und das, obwohl wichtige Stützen in der Mannschaft wie Kapitän Sapina oder unser Flügelflitzer Obuz ausfallen, obwohl Brumme nach einem der vielen überzogenen Fouls der Gäste frühzeitig das Feld verlassen musste. Das scheint unsere Jungs nur noch mehr anzuspornen, für den anderen zu laufen.

Klar, es hat sicher nicht alles funktioniert und auch die Schanzer hatten ihre Phasen im Spiel, bis auf eine doch kläglich vergebene Großchance und einen Lattenkracher konnte das Team wieder einmal gemeinsam alles wegverteidigen.

Und dann sind da diese Kniffe, die Dabrowski aus seinem Zylinder zieht. Sandro Plechaty, über lange Zeit verletzt, dann mal mit ein paar Minuten Einsatz, zuletzt Assist-Geber beim 2:0 in Mannheim, durfte seinen 100. Einsatz für unsere Farben machen und hätte sich nach 90 Sekunden beinahe in die Torschützenliste eingetragen, aber na ja, er ist halt kein Kopfballspieler. Dass er weiß, wo das Tor steht, durfte er wenige Zeigerumdrehungen später dann aber beweisen, als Harenbrock genial im Strafraum freigespielt wurde und dieser dann den Überblick behielt und den Bal zu „Pleche“ rüberspitzelte, der „nur noch“ einschieben musste. RWE früh in Führung.

Ingolstadt kam danach etwas besser im Spiel, auch weil die Gangart der Gäste härter wurde. Für mich absolut unverständlich, wieso man aus Sicht der Ingolstädter so sehr „drüber“ agieren musste. Klar, man will sich nicht nachsagen lassen, man habe nicht mehr alles in die Waagschale geworfen. Aber ob man wirklich, wenn man kurz vor Saisonende weder auf- noch absteigen kann, nach allem treten muss, was sich bewegt – ich bin da vorsichtig skeptisch. Hier wäre meines Erachtens auch der Schiedsrichter gefordert gewesen, frühzeitig auf die Bremse zu treten und die Spieler zu schützen. Als Harenbrock beispielsweise noch vor dem 1:0 am Kopf getroffen wurde, kam der Gegenspieler komplett ohne Karte davon.

Schrecksekunde dann nach 30 Minuten, als sich Götze einen seiner seltenen Aussetzer gönnte und sich Mause auf den Weg zu Golz machte. Beim Versuch, an unserem Torwartgott vorbeizulaufen, vergaß der aktuelle Torschützenkönig der Liga jedoch, den Ball mitzunehmen und die Chance verebbte.

Harenbrock sorgte dann kurz vor der Pause mit einem präzisen Schuss von der Strafraumgrenze für etwas mehr Ruhe, und nachdem Young aus Sicht des Schiris strafwürdig im Sechzehner zu Fall gebracht wurde (wir waren uns auf der West einig, dass das niemals ein Elfer war), übernahm Vonic die Verantwortung und versenkte vom Punkt unhaltbar für den Gästekeeper.

Ingolstadt wechselte dreifach zur Pause, der Effekt verpuffte jedoch weitestgehend. Auch, weil der für Brumme eingewechselte Young einen seiner besseren Tage hatte und auf links zum Schuss kam, der Ball wurde vom Torwart jedoch gegen das Knie seines Mitspielers Lorenz abgewehrt und trudelte zum 4:0 über die Linie.

Im restlichen Verlauf hatte RWE noch ein paar Konter auf der Habenseite, konnte aber keinen Treffer mehr nachlegen. Stattdessen legten die Gäste weiter nach auf dem Kartenkonto, so wurde unter anderem Golz völlig unnötig abgeräumt. Und auch Götze fing sich seine 9. gelbe Karte ein, als er Mause für dessen permanentes überhartes Spiel belohnte. In sich eine dumme Aktion, die bei einem anderen Schiri durchaus einen Platzverweis zur Folge hätte haben können.

Am Ende blieb es bei vier Treffern für unsere Mannschaft, Platz 4 in der Liga die Belohnung, nachdem sich Dynamo offenbar entschieden hat, das Aufstiegsrennen von etwas weiter hinten zu betrachten. Ja, Münster hat gewonnen und den Abstand gleich gehalten, auf Regensburg haben wir zwei Punkte gut gemacht (noch vier Rückstand) und auch in puncto Tordifferenz sind wir den Domspatzen im Nacken.

Der SSV Ulm hat sich unterdessen gestern mindestens den Relegationsplatz gesichert – dazu kann man nur gratulieren – und wird aller Wahrscheinlichkeit nach dem Weg des SV Elversberg folgen und als Aufsteiger den Durchmarsch machen.

Abschließend ein schneller Blick auf die Restprogramme: Für uns geht es erst nach Sandhausen, zum möglicherweise schwersten Spiel der letzten drei. Eine unangenehme Truppe, die sich erst kürzlich aus dem Rennen verabschiedet hat. Dann kommen die Löwen, die man zu Hause aber mit einer Leistung wie gegen Ingolstadt durchaus besiegen sollte. Abschließend geht es zu den abgestiegenen Lübeckern. Wir alle hoffen, dass sich Geschichte nicht wiederholt, was diesen Gegner angeht.

Dynamo muss, wenn man nochmal ein Wörtchen mitreden will, ab sofort fehlerfrei bleiben. Verl zu Hause und in Unterhaching könnten dabei nochmal echte Hürden sein, bevor am letzten Spieltag nochmal Duisburg zu Gast ist, die zu diesem Zeitpunkt vermutlich aber auch schon als Absteiger (6 Punkte zum rettenden Ufer) feststehen.

Die Preußen hingegen empfangen zunächst Saarbrücken (ebenfalls gerade erst aus dem Aufstiegsrennen verabschiedet mit null Siegen aus den ersten beiden von „fünf Spiele, fünf Siege“, dennoch hoffentlich gerade deshalb auf Wiedergutmachung für die Fans besinnt), reisen dann nach Verl, um vielleicht, wie es Ruthe gestern auf dem Rasen ausdrückte, ihr „zweites Wiedenbrück“ zu erleben und haben am letzten Spieltag Unterhaching zu Gast.

Und Regensburg? Die spielen Samstag in Freiburg, die zwar schon etwas länger als Absteiger nun feststehen, aber sich auch gegen Ulm gestern nur durch ein irreguläres Tor geschlagen geben mussten. Es wäre jedoch utopisch, hier von einem Punktverlust des Jahn auszugehen. Meine Hoffnungen liegen da eher bei der Viktoria, die ja nicht in jedem Spiel viermal dasselbe (!) Tor kassieren kann – ich hoffe, Olaf Janßen lässt bis dahin noch die Verteidigung von Standards trainieren. Am letzten Spieltag hat Regensburg dann ebenfalls noch Saarbrücken zu Hause vor der Brust. Die Saarländer könnten also am Ende das Zünglein an der Waage sein. Wichtig wird sein, dass wir Geschenke der Konkurrenz annehmen, wenn sie sich bieten.

Für mich werden es jedenfalls angespannte Wochen, in denen ich den Tabellenrechner sicher nicht nur einmal wälzen werde.

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