Überzeugender Pokalsieg

RWE gewinnt mit einem 3:1 über den 1. FC Kleve erneut den Niederrheinpokal und zieht damit in den „großen“ DFB-Pokal gegen Neu-Bundesligisten Arminia Bielefeld (#machbarerGegner) ein.

Dabei zeigte die Neidhart-Elf insgesamt eine äußerst dominante Leistung. Der Trainer hatte im Vergleich zum Halbfinale in Velbert auf drei Positionen umgestellt: Das Tor hütete Davari anstelle von Golz, im Mittelfeld startete Backszat statt Dorow und auf der rechten Außenbahn gab Behounek sein Debüt, für ihn saß Halbfinal-Torschütze Endres auf der Bank.

Die ersten zwanzig, fünfundzwanzig Minuten sind eigentlich schnell zusammengefasst: Im Minutentakt erspielte sich RWE Chancen, die in einer ganzen Reihe von Eckbällen mündete. Und diese wurden offenbar intensiv geübt, denn regelmäßig brannte es lichterloh im Klever Strafraum. Mindestens viermal (!) wurden Kopfbälle von Kehl-Gomez oder Backszat von der Linie gekratzt, drei weitere Treffer an die Latte habe ich wahrgenommen. Zudem hatte RWE eine Handvoll Szenen aus dem Spiel heraus – beispielsweise ein schöner Steilpass auf Engelmann, der zwar den Torwart zunächst umkurven, dann aber den Ball nicht im Tor unterbringen kann, weil der Keeper sich streckt und den Ball noch so gerade eben zur Ecke geklärt bekommt. Dennoch hätte sich nach einer halben Stunde niemand über eine Vorentscheidung beklagen dürfen, stattdessen stand noch immer ein 0:0 zu Buche.

Als geplagter RWE-Fan ahnt man, was kommt. Angriff der Gäste, Foulspiel, Freistoß aus einer aussichtsreichen Position. Während die Abwehr sich noch sortierte, gab der Schiedsrichter das Spiel wieder frei, Freistoß schnell ausgeführt – Davari musste sich sputen, diesen Ball zu entschärfen. Wie oft haben wir uns trotz Überlegenheit das Tor gefangen?

Keine zwei Minuten später dann eine schöne Kombination über unsere Neuzugänge: Einen Pass steckt Backszat direkt durch auf Plechaty, der sich im Laufduell den Ball erkämpfen kann. Pass auf Engelmann und der Torjäger lässt sich nicht lange bitten – die höchstverdiente Führung für unser Team. Mit dem 1:0 ging es dann auch in die Pause.

Gerade in solchen Pokalspielen wachsen die „Kleinen“ ja gerne einmal über sich hinaus, und die Klever hatten sich offenbar etwas vorgenommen und wurden jetzt – auch dank der Unterstützung ihrer – vermutlich – Verwandtschaft auf der Tribüne jetzt frecher. Knappe zehn Minuten nach Wiederanpfiff konnte ein Angreifer des Oberligisten in den Strafraum ziehen, Kevin Grund konnte den Ball weggrätschen – der Schiedsrichter entschied zum Entsetzen der Rot-Weissen auf Strafstoß – eine schmeichelhafte Entscheidung. (Anmerkung: Ich habe noch keine Wiederholung des Spiels gesehen und beziehe mich lediglich auf die Wahrnehmung vor Ort). Zwar ahnte Davari die Ecke, der Strafstoß war jedoch äußerst präzise geschossen, so stand es 1:1 – die blau-rot gekleidete Tribünensektion witterte nun die Sensation und wurde ein wenig aufmüpfig.

Doch RWE hat ja jetzt einen Mann mit eingebauter Torgarantie: Nur zwei Minuten nach dem Ausgleich wird Engelmann nicht angegriffen. Ein Schuss aus 25m, ein Körperteil eines Klevers noch im Weg – 2:1. Unhaltbar! Damit war dann auch die Klever Herrlichkeit beendet. Ab sofort spielte sich die Partie wieder nur in einer Spielfeldhälfte ab – der des Oberligisten. RWE beschränkte sich nun darauf, Ball und Gegner laufen zu lassen und geduldig eine Lücke in der Defensive zu suchen. Alle Befreiungsschläge landeten beim souveränen Duo Hahn/Heber, anderweitige Konterversuche wurden ebenso frühzeitig von RWE unterbunden.

Der eingewechselte Marcel Platzek hatte noch das 3:1 auf dem Fuß, verzog aber nach schönem Sprint freistehend deutlich über den Kasten. Auch Endres, der noch einige Minuten zum Einsatz kam, konnte einen Konter zum Unmut von Neidhart nicht im Tor, sondern nur an der Wade des Gästekeepers unterbringen („MANN! NUR LUPFEN!“).

Kurz vor Schluss war es eben jener Endres, der im Sechzehner zu Fall kam – auch hier eher ein „Kann“-Elfer. Engelmann ließ sich jedoch nicht lange bitten und verwandelte souverän zum 3:1-Endstand.

Die Siegerehrung nach dem Spiel war mir irgendwie zu emotionslos. Zwar hatte die Mannschaft sichtlich Freude dabei, die Trophäe in die Luft zu recken, doch ohne Fans auf den Tribünen war der gesamte Jubel der körperlichen Erschöpfung schnell gewichen. Die Mannschaft ließ es sich jedoch nicht nehmen, nach der Ehrung noch „zweimal leise, zweimal laut“ zu zelebrieren – es hatte etwas von einer Hommage an die leeren Ränge.

Mann des Spiels heute natürlich unsere neue Torkanone Engelmann, der ja nun nach zwei Pflichtspielen schon vier Treffer auf dem Konto hat. So kann es gerne weitergehen. Heber mit einem unglaublichen Pensum. Faszinierend, wie er immer wieder Bälle abläuft und seinen Körper einsetzt, ohne Foul zu spielen. Besonders die Hereinnahme von Backszat hat sich meiner Meinung nach positiv ausgewirkt. Der Neuzugang hat eine beeindruckende Präsenz auf dem Platz, besticht durch seinen Zug zum Tor und organisierte lautstark mit Kapitän Kehl-Gomez das Mittelfeld. Das entlastete Condé, sodass dieser in Halbzeit eins wiederholt gute Angriffe über die linke Achse (Grund/Kefkir) einleiten konnte. Condé leider heute mit Licht und Schatten, das war in der zweiten Hälfte zu wenig.

Auffällig zudem, dass viele gefährliche Szenen über die linke Seite herausgespielt wurden – Grund/Kefkir sind aber zugegebenermaßen auch schon besser aufeinander eingespielt als Behounek/Plechaty. Das möge aber nicht als Kritik aufgefasst werden, beide lösten ihre Aufgaben insgesamt ordentlich, haben aber einfach noch Steigerungspotential.

So endet die Pokalsaison 2019/20 also mit dem Sieg für RWE. Rückblickend gesehen halte ich dies auch für verdient, wenn man betrachtet, wie deutlich die Gegner der ersten paar Runden abgefertigt wurden. Den KFC Uerdingen nehme ich hier natürlich aus, aber die Partie gegen den Drittligisten war eine der besten, die ich in den letzten paar Jahren an der Hafenstraße erleben durfte.

Nun geht es also in die Spielzeit 2020/21, die hoffentlich keinen Corona-bedingten Abbruch erlebt. Der Kader, den RWE zur Verfügung hat, macht mir Hoffnung, dass uns der große Wurf endlich gelingen wird. Den Auftakt erleben wir am 05.09., wenn sich „Angstgegner“ und Wiederaufsteiger SC Wiedenbrück an der Hafenstraße vorstellt. Mit einer Leistung wie heute brauchen wir aber keine Gedanken an die Vergangenheit zu verschwenden.