Von der Ruhr bis an die Elbe…

Punkteteilung gegen Dynamo – was zwei Tage später noch immer einen leichten Beigeschmack hinterlässt, hätten viele von uns sicher vor dem Spiel gerne sofort angenommen. Aufgrund des Spielverlaufs wäre ein Sieg sicher drin, vielleicht sogar verdient gewesen, am Ende geht aber das Unentschieden wohl auch in Ordnung.

RWE erwischte einen großartigen Tag, um einen der großen der Liga zu ärgern. Zwar musste Dabrowski Engelmann und Bastians ersetzen, doch Young und Berlinski (ersterer zurück in der Startelf, letzterer dafür im Sturmzentrum) waren vor allem in Halbzeit eins ständiger Unruheherd und setzten die Dresdener Abwehr permanent unter Druck. Dass man Herze für Bastians sowieso ohne Bauchgrummeln immer einsetzen kann, ist auch nichts Neues.

Schon in den ersten zehn Minuten hatte unser Team zwei, drei gute Chancen. Kefkir schloss jedoch zu hektisch ab, und warum Götze aus bester Position nach innen spielt anstatt auf Young direkt neben ihm abzulegen oder gar selbst vorher abzuschließen, kann er wahrscheinlich nicht mal selbst erklären. Dennoch – Dresden hatte alle Hände voll damit zu tun, den Ball nicht zu verlieren, sodass die Gäste kaum einen Angriff aufs Tor von Golz zustande brachten.

Wiegel nagelte den Ball nach einem klärenden Kopfball eines Abwehrspielers dermaßen an die Latte, dass ihm eine Nominierung fürs Tor des Monats nur knapp entging. Dafür versetzte der Gästetorwart in Zusammenarbeit mit Young die Mehrheit der 18.300 Zuschauer in Freudentaumel, als er einen Rückpass nach vorne dreschen wollte, den US-Stürmer aber damit abschoss, sodass die Kugel ins Tor trudelte. Glückliche, aber nicht unverdiente Führung, die unser Team souverän über die erste Halbzeit brachte.

Wenn man möchte, kann man vielleicht mit der Chancenverwertung des ersten Durchganges hadern. Das ist aber von außen immer so leicht gesagt, manchmal sind es halt Millisekunden, die den Unterschied zwischen Treffer und geblocktem Abschluss ausmachen. Was aber wirklich ein kritikwürdiger Punkt in meinen Augen ist: Felix Götze, der seine Aufgaben wirklich gut erledigte, sah seine fünfte gelbe Karte im sechsten Spiel, eine erneut wohl eher unnötige noch dazu, und wird damit gegen Mannheim fehlen. Mir wäre wohler, würde er dies in den Griff bekommen.

Nach dem Seitenwechsel hatte Young die dicke Möglichkeit, auf 2:0 zu erhöhen, als er im Strafraum zum Abschluss kam. Erneut sah Drljaca im Kasten der Gäste nicht sonderlich souverän aus, schade, dass Götze im Nachschuss eine Kerze produzierte, statt den Ball zu versenken.

Was folgte, war die meistdiskutierte Szene: Wiegel bekommt den Ball am Mittelkreis, zieht nach innen und wird von einem Dresdener Spieler gehalten. Ich bin sicher, wäre er da einfach stehen geblieben, hätte es einen Freistoß für uns gegeben und nichts weiter. Leider gab es halt diese Armbewegung, die – egal ob Absicht oder nicht, ob „nur losreißen“ oder was auch immer – einfach wie eine Schlagbewegung aussieht und somit als versuchte Tätlichkeit gewertet werden kann, was der manchmal kleinlich pfeifende Schiedsrichter dann auch so tat und mit der roten Karte gegen unseren Rechtsverteidiger „belohnte“. Für mich geht diese Entscheidung vor allem nach Ansicht der Fernsehbilder in Ordnung, im Stadion wirkte es zunächst auch auf mich überzogen.

RWE also mehr als eine halbe Stunde in Unterzahl. Um die Lücke zu schließen, brachte Dabrowski Kourouma für den durchaus gelb-rot-gefährdeten Götze, was in der Folge das Spiel der Rot-Weissen quasi entkernte. Dadurch fehlte der Druck im Zentrum, das Anlaufen von Berlinski und Young verpuffte zusehends – auch aufgrund nachlassender Kräfte – und Dresden blies zum Dauerangriff aufs Tor von Golz.

Jakob Golz war es dann auch, der mit zwei tollen Paraden unter großem Jubel den Ausgleich zunächst verhinderte. In dieser Phase brachte unsere Mannschaft nur noch wenig Entlastung zustande. Die langen Bälle auf Berlinski konnten nicht mehr gehalten werden, weil dieser kaum noch einen Kopfball bekam. Die Folge: Welle um Welle rauschte auf unser Tor zu, doch die Defensive hielt zunächst Stand. Und wer weiß – hätte Kefkir nach feinem Pass von Young nicht nur einen Haken nach innen gemacht, sondern sich den Ball ein weiteres Mal am Verteidiger vorbeigelegt, vielleicht wäre es das 2:0 gewesen. Man merkt Ötzi an, dass er endlich auch ein Tor erzielen will. Leider sind seine Abschlüsse daher oft zu eigensinnig, aber ich bin sicher, dass sich auch ein Treffer irgendwann wieder einstellen wird. Kefkir ist dennoch fürs Team mit seinem Einsatz derzeit erste Wahl.

Dresden setzte nun alles auf eine Karte, stellte alle „langen Kerle“ in den rot-weissen Strafraum und versuchte es immer wieder mit hohen Hereingaben aus dem Mittelfeld. In der 89. Minute, also mal wieder kurz vor dem Ende, passierte es dann, die Fußspitze von Schäffler fälschte eine Kopfballablage unmittelbar vor Golz ins Tor ab, sodass die kleine Sensation verhindert wurde.

Dieses Unentschieden fühlt sich aber weniger wie eine Niederlage an wie andere, ähnlich gelagerte Fälle der jüngeren Vergangenheit (Wiedenbrück 2020 lässt grüßen), denn anders als sonst waren wir nur Außenseiter auf dem Papier. Auf die gezeigte Mannschaftsleistung kann man durchaus stolz sein, wenn es auch nicht zum ganz großen Wurf gereicht hat. Das Publikum wusste dies zu würdigen und spendete entsprechenden Applaus, auch wenn den Jungs auf dem Platz sichtbar nicht nach Feiern zumute war.

Ich mag den Begriff des „Angekommen seins“ nicht sonderlich. Doch das Gezeigte macht deutlich, dass wir in dieser Liga keinen Gegner zu fürchten brauchen. Taktisch war das Team bestens auf den Gegner eingestellt, hier muss man Dabrowski und sein Trainerteam einfach auch mal loben. Generell wirken die zuletzt erzielten Punkte wie ein Schalldämpfer gegen all jene, die bei Misserfolgen die Mistgabeln auspacken und mit Fackeln gen Geschäftsstelle ziehen wollen.

Isi Young zeigte Samstag seine bislang beste Partie der Saison und scheint mit dem Auftreten in Freiburg auf einem aufsteigenden Ast. Berlinski ist gelaufen wie ein Wahnsinniger, musste dem aber dann auch Tribut zollen. Dennoch hat er Engelmann (wird für Hansi Flick als Sturmtank für die WM leider ausfallen) gut vertreten. Wollschläger scheint noch nicht so weit zu sein, im „Männerfußball“ komplett mithalten zu können, nach seiner Einwechselung zehn Minuten vor dem Ende konnte er weder einen Akzent setzen noch nennenswert Bälle festmachen. Eine gewisse Mitschuld kann man ihm vielleicht auch am Ausgleich ankreiden, auch wenn der finale Fehler – der Torschütze wurde nicht mehr entscheidend gestört – an anderer Stelle geschehen ist.

Auch die Defensive, in der mit Rios Alonso und Heber das zentrale Pärchen nun festzustehen scheint, wird immer zuverlässiger. Rother spielte unauffällig, lief mit Tarnat aber immer wieder Lücken zu und erstickte die Offensivbemühungen der Sachsen damit schon im Keim.

Interessant wird zu sehen sein, wie die beiden Lücken, die das Fehlen von Götze und Wiegel im nächsten Spiel (bzw. bei Wiegel ggf. darüber hinaus) reißen wird, geschlossen werden. Ich würde auf Kourouma hinten rechts tippen, da er den Vorzug vor Plechaty beim Wechsel bekommen hat. In der Zentrale könnte Fandrich eine Option werden, zumal Eisfeld und Harenbrock wohl noch nicht wieder soweit sind, dass sie es in den Kader schaffen werden.

Auf den „Nebenschauplatz“ rund um die Hausverbote will ich in diesem Text gar nicht weiter eingehen. Dazu sollen sich die Beteiligten äußern, von mir nur soviel: Der Verein hat sich die Entscheidung sicher nicht leicht gemacht, wohlwissend, dass man hier auf juristisch sicherem Fundament handeln muss.

Ich möchte dennoch mit etwas Positivem schließen: Soweit ich bislang mitbekommen habe, ist es rund um das Spiel weitestgehend ruhig geblieben. Keine Randale, keine Gewalt, kein (nennenswerter) Vandalismus. Beeindruckend auch die „Ganzkörperchoreo“ mit der blockfüllenden Fahne der Dresdener, toller Support der Gästefans – so stellt man sich einen guten Fußballnachmittag doch vor.

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