Freitag Abend war die Zweitvertretung der Düsseldorfer Fortuna in unserem Wohnzimmer zu Gast. 5000 Kehlen trugen ihren teil dazu bei, diesen Abend zu einem Erfolg zu machen.
Bis zum letzten Moment war es dabei spannend, ob der sagenumwobene „Inzidenzwert“, also die Quote der Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern innerhalb der letzten 7 Tage, unter dem magischen Wert von 35 bleiben würde. Am Donnerstag Nachmittag gab die Stadt Essen ihr Okay, sodass endlich wieder ein dicker Batzen der Fans wieder ins Stadion durfte. Schon als die Mannschaft zum Warmmachen herauskam, gab es vereinzelten Applaus, als sie dann in die Kabinen zurückgingen, erhoben sich alle Tribünen und beklatschen das Team – Gänsepelle pur! So ging es dann bis zum Anstoß weiter: „Oppa Luscheskowski“, dann „Von der Ruhr bis an die Elbe“ – es sollen Tränen geflossen sein – bis hin zu „Adiole“. Die Hafenstraße ist und bleibt halt ein ganz besonderer Ort.
Die Mannschaft machte auch keine Anstalten, das Publikum lange warten zu lassen: Langer Einwurf Kefkir, Kopfballverlängerung Heber, Kehl-Gomez knapp drüber. Bis auf eine einzige Chance der Gäste in Hälfte eins war ausschließlich RWE am Drücker, immer wieder wurde über die Flügel schnell kombiniert, die Flanken aber häufig zu unpräzise. Etwa zehn Minuten vor der Pause konnte Grote bei einem Eckball völlig frei an den Ball kommen, sein Kopfball klatschte jedoch an die Latte. Nach einem langen Condé-Pass kann Kefkir den Ball scharf in die Mitte schlagen, Engelmann grätscht nur Zentimeter an der Führung vorbei. Die Düsseldorfer Kiste scheint in dieser ersten Halbzeit vernagelt zu sein, denn auch Plechaty, der seine Top-Leistung der letzten Wochen nach einem tollen Solo hätte krönen können, scheiterte aus kürzester Distanz am Gästekeeper, sodass zur Halbzeit ein torloses Unentschieden verbucht werden musste.
Die zweite Halbzeit sollte dann eine eindrucksvolle Vorstellung unserer Mannschaft werden. Die Düsseldorfer wurden über weite Teile in der eigenen Hälfte eingeschnürt. Wie schon in der ersten Halbzeit war ein weiter Einwurf von Kefkir Ausgangspunkt für die erste rot-weisse Chance, doch Endres kam knapp zu spät. Der Düsseldorfer Torwart blieb nach dieser Aktion liegen, seine Mannschaftskameraden spielten jedoch weiter, verloren den Ball aber in der Essener Hälfte. Erst dann griff der Schiedsrichter ein und unterband einen Konter per Pfiff. Dennis Grote beschwerte sich darüber wohl etwas zu laut und sah dafür die gelbe Karte. Ab diesem Zeitpunkt drohte das Spiel dem Unparteiischen zu entgleiten. War der erste Durchgang noch von beiden Seiten mit nur wenigen Fouls gespickt, wurde es nun aber zunehmend rauer. Immer wieder wurde Grote hart angegangen, die Gäste versuchten, ihn in jeden Angriff irgendwie zu verwickeln und ein Foul zu provozieren. Spätestens, als Endres nach einem „Foul“ (ich konnte keinen Kontakt erkennen) nach Düsseldorfer Reklamation ebenfalls gelb sah, hatte der Schiri auch die Tribünen gegen sich. Insgesamt war es ohnehin eine von mehreren seltsamen Entscheidungen gespickte Vorstellung des „Man in black“.
Grote war extrem gelb-rot gefährdet, Neidhart beorderte daher Cedric Harenbrock zur Seitenlinie, wartete aber noch einen Eckball ab. Eine gute Entscheidung: Die Hereingabe kann vom Torwart nur als Kerze herausgefaustet werden, Grote schraubt sich hoch und kann den Ball in hohem Bogen in die Maschen köpfen – Eskalation auf den Rängen.
Grote verließ noch vor dem Wiederanstoß den Platz und so kam Harenbrock nach fast 18 schwierigen Monaten zu seinem ersten Pflichtspieleinsatz. Und als hätte Hollywood die Finger im Spiel, wurde die Geschichte noch besser: Abschlag Davari, Kopfballverlängerung Engelmann – Harenbrock frei durch – 2:0!
Der Rest des Spiels war kollektiver Freudentaumel. Kefkir sah noch gelb, als er beim Wechsel nicht an der Linie das Spielfeld verließ, die ihm der Schiri vorgegeben hatte, Hildebrandt wegen Ballwegschießens (hier hatte ich eigentlich das Gefühl, der Schiri wollte Platzek oder Condé verwarnen, die gemeinsam gefoult hatten, entschied sich dann anders). Dann war Schluss, der Abpfiff war das Startsignal für ein weiteres Wochenende mit dem wohligem Gefühl eines Sieges in der Magengegend.
Mann des Abends – nicht nur seines Treffers – für mich Dennis Grote, der zu alten „Quarterback“-Zeiten zurückgefunden zu haben scheint. Mega-präsent auf dem Platz, mit mehreren guten Zuspielen in die Spitze, aber auch mal mit der notwendigen Grätsche, so stelle ich mir einen Leader vor.
Nach dem Spiel wurde in der Kabine noch ein wenig gefeiert, besonders „Cedi“ wurde beim Betreten der Umkleide frenetisch bejubelt. Ihm gönnt man es halt besonders.
Dass am folgenden Samstag noch eine Niederlage für Fortuna Köln, die kleinen Fohlen und Preußen Münster hinzukamen, setzt noch ein Ausrufezeichen hinter diesen Sieg. Damit hat unsere Elf am Dienstag die Chance, erstmals an die Tabellenspitze zu springen, bevor am kommenden Samstag das Spiel bei Fortuna Köln ansteht.
Die erfreulichste Nachricht ist jedoch wohl, dass das Hygienekonzept weitestgehend von allen Anwesenden akzeptiert und angewandt wurde, von nennenswerten Ausreißern war bislang nichts zu hören. Vielleicht entwickelt sich durch die Verteilung der Fans auf „alle“ Bereiche sowas wie ein neuer Hexenkessel, da nicht nur eine Tribüne Dauer-Vollgas gibt, sondern immer irgendwer was anstimmt. Ich hätte nichts dagegen.
Der Inzidenzwert ist leider weiterhin auf dem Weg nach oben, sodass eine Wiederholung der Freigabe für die nächste Heimpartie gegen Münster zumindest fraglich erscheint. Hoffen wir einfach alle das Beste. Passt auf euch auf, auch außerhalb des Stadions. Schützt euch und eure Mitmenschen mit den bekannten Maßnahmen, auf dass wir diese verdammte Zahl gedrückt bekommen.
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