Erneut muss ich einen Beitrag mit etwas Verzögerung bringen, denn was sich Mittwoch als „einfach nur fertig“ anfühlte, erwies sich Donnerstag Morgen als eitrige Mandelentzündung mit dem kompletten Paket an Symptomen. Daher erst heute – mein Blick auf den ersten Heimsieg der Saison.
Ein erster Blick auf die Aufstellung offenbarte gleich mehrere Überraschungen: Marcel Platzek stand in der Startelf neben Simon Engelmann, gleichzeitig verzichtete Trainer Neidhart gänzlich auf Kevin Grund und Felix Backszat, die bisher in allen Partien zum Einsatz kamen. Besonders die Hereinnahme von Platzek erweckte in mir die Hoffnung auf ein offensives, druckvolles Spiel nach vorne.
Doch wie das so ist mit Matchplänen: Sie werden allzu oft über den Haufen geworfen. Bereits nach fünf Minuten spielt RWE auf Abseits, der Linienrichter lässt die Fahne jedoch unten. Flachpass von außen, am langen Pfosten muss der Ball nur noch über die Linie gedrückt werden – 0:1.
Ahlen zog sich nun weit zurück und ließ RWE erst einmal walten. Das sah dann so aus, dass der Ball um den Ahlener Strafraum herum zirkulierte, ohne dass nennenswerte Chancen dabei heraussprangen. Ahlen griff früh den ballführenden Spieler an und ließ dadurch keinen nennenswerten Aufbau zu. Condé und Kehl-Gomez versuchten zwar immer mal wieder, den Ball auf die Sturmspitzen durchzustecken, aber die vielbeinige Abwehr der Ahlener konnte dies weitestgehend verhindern. So war es fast logische Konsequenz, dass eine Standard-Situation herhalten musste: Zentrale Freistoßposition, wie gemacht für den fehlenden Grund. Wurde Kefkir wegen der mangelnden Präzision in den letzten Spielen auch von vielen gescholten – diesen Ball brachte er punktgenau auf den völlig blank stehenden Platzek, der zum Ausgleich einköpfen konnte.
Nun war Ahlen wieder etwas mehr gefordert und sie fanden auch schnell eine Lösung: Als Hahn den Ball unsauber klärt, folgt direkt der Steilpass zwischen die Innenverteidiger. Hahn mit ungewöhnlich schlechtem Stellungsspiel muss den Stürmer passieren lassen, einen Pass später steht es 1:2.
Bis zur Halbzeit glich das Spiel dann wieder der Phase vor dem Ausgleich. Ahlen machte Räume eng, RWE suchte vergeblich nach Lösungen. Außer ein paar Eckbällen, die aber recht unpräzise in den Sechzehner flogen, sprang nichts dabei heraus.
Auch nach dem Seitenwechsel dauerte es nicht lange bis zum ersten Höhepunkt. Nach feinem Zuspiel von Platzek zieht Kefkir in den Strafraum, wird aber kurz vorher abgeräumt. Der Schiedsrichter entschied auf Notbremse und schickte Eickhoff zum Duschen – RWE nun also gute vierzig Minuten in Überzahl. Der anschließende Freistoß wurde zur Ecke geklärt – und die sollte es in sich haben.
Die Hereingabe von Kefkir wurde am kurzen Pfosten vom starken Platzek verlängert und gelangte von der Brust eines Ahleners – ja was soll ich sagen? „Vor den Füßen“ wäre verkehrt… Jedenfalls brachte Kapitän Kehl-Gomez den Ball mit einem sehenswerten „Roundhouse-Hacken-Tritt“ im Kasten zum erneuten Ausgleich unter.
Es war ein echter Wirkungstreffer. Ahlen schaffte es nun kaum noch, einmal nennenswert über die Mittellinie zu kommen. Allerdings blieben auch Chancen für „unsere“ Roten Mangelware, die beste vergab nach gut 80 Minuten der eingewechselte (und eigentlich ordentlich aufspielende – später mehr!) Pronichev, als er per Kopfball am Keeper scheiterte.
Wenig später hatte fasste sich Amara Condé ein Herz und hielt (wohlgemerkt nach zwei oder drei „Rückpässen“) aus gut 25m einfach mal Vollspann drauf. Ein Traumtor der Marke „Tor des Monats“ zum 3:2!
Nur wenige Sekunden nach dem erneuten Anpfiff erlief Engelmann einen Ball – vermied aber den Querpass auf den besser platzierten Pronichev und entschied sich dafür, selbst abzuschließen. Leider ging der Ball ans Außennetz.
Ahlen warf nun alles nach vorne und wäre beinahe dafür noch belohnt worden: Plechaty geht seinen Gegenspieler nicht energisch genug an und lässt ihn von der Strafraumkante abziehen – Davari kann den Ball gerade eben noch um den Pfosten lenken.
Dann folgte der Konter, der Neidhart der Presse nach zu urteilen richtig wütend machte: Drei-gegen-Eins-Konter für RWE, Pronichev dann aber mit dem viel zu unpräzisen Pass auf die mitgelaufenen Engelmann und Futkeu – beiden legt er den Ball in den Rücken. Zwar kann Futkeu die Kugel aufnehmen und erneut Pronichev bedienen, doch anstatt zum 4:2-Deckel zu vollenden, kann der Keeper den Ball aufnehmen.
Als dann wenige Augenblicke später der Schiedsrichter die Partie beendet, ist allenthalben erst einmal durchatmen angesagt. Zwar konnte RWE das Spiel – hochverdient in meinen Augen – gewinnen, brauchte dazu aber viel Glück und einen Sonntagsschuss von Condé. Nichtsdestotrotz gab es Mannschaften in den letzten Jahren, die nach einem erneuten Rückstand nicht mehr gedreht und sich der Niederlage hingegeben hätten. Zwar läuft sicherlich noch nicht alles rund, trotzdem spricht der Erfolg für die Moral der Mannschaft. Man kann sicherlich die Nervosität der letzten 10, 15 Minuten bemängeln, aber gerade nach dem ersten Heimspiel spielt im Hinterkopf sicherlich die Angst vor dem erneuten Nackenschlag mit.
Condé habe ich bärenstark gesehen, viele Ballkontakte, immer auf der Suche nach der nächsten Möglichkeit, dazu die erwähnten Distanzversuche und natürlich der Treffer. Daniel Heber ist aktuell aus der Abwehr kaum wegzudenken, auch Hahn bis auf seinen Stellungsfehler sicher. Nicht ganz so stark wie in den ersten Partien, aber trotzdem viel unterwegs war Plechaty, vielleicht aber auch der Tribut für die englische Woche, die ja auch die Pause von Grund und Backszat begründete.
Letztenendes ist Fußball aber nun mal ein „Ergebnissport“ (Zitat Catenaccio 07). Ein knappes 3:2 gibt ebenso drei Punkte wie ein deutliches 5:0 (klar, über die Tordifferenz kann man philosophieren), RWE bleibt ungeschlagen und ist auf einem guten Kurs. Gewinnt man die Partie in Lippstadt, stehen acht Punkte aus vier Spielen zu Buche, worauf sich sicher aufbauen lässt.
Ich muss das ein bisschen ergänzen. Fußball ist natürlich zuvorderst ein Ergebnissport. Aber ich mag schon attraktive Spiele. Wobei ich mit einer Saison, nur bestehend aus dreckigen 1:0-Siegen, immer zufrieden wäre.
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