Versuch einer Aufarbeitung

Ich gebe zu, die Wucht der beiden letzten Spiele hat mich mit voller Breitseite erwischt. War ich nach der Niederlage gegen Wattenscheid noch echt wütend ob der Fahrlässigkeit, mit der in den Schlussminuten noch der sicher geglaubte Sieg aus der Hand gegeben worden war, so schwebe ich nach Uerdingen in einem Zustand irgendwo zwischen Hilflosigkeit, Resignation und Wut. Daher konnte ich mich erst jetzt dazu aufraffen, meine Gedanken zum Erlebten niederzuschreiben.

Wo lagen jetzt genau die Fehler? Gegen die Nachbarn aus West-Bochum konnte man den Zufallstreffer aus der verrutschten Flanke quasi umgehend korrigieren. Das Spiel war über mehr als 85 Minuten ganz klar in Essener Hand. Ein zu zaghafter Einsatz von Heller ermöglichte das 2:2, ein kollektiver Tiefschlaf in der Viererkette nach einem üblen Abwurf in den Rücken des nach vorne eilenden Bednarski gar den Siegtreffer für die Gegner. Gefühlt hat Wattenscheid aus zwei Chancen drei Tore erzielt.
Gegen Uerdingen war man in der ersten Hälfte ebenbürtig, sah sich aber kurz nach dem Seitenwechsel einem hohen Druck der Krefelder gegenüber, die kaum noch Entlastungsangriffe zuließen und trotzdem das 2:0 kassieren mussten. Und eigentlich gibt es hier bis zur 90. Minute auch kaum etwas, woran man sich hochziehen könnte. Es wurde mit Mann und Maus verteidigt, so mancher Ball „dreckig“ geklärt. Der Trainer zog die Karte „Zeitspiel“, indem er seine verbliebenen Wechsel nacheinander in der Schlussphase noch zum Einsatz brachte. Bis auf jeweils einen gefährlichen Torschuss in der ersten und zweiten Hälfte (wobei Heller nur den letzteren parieren musste, der erstere ging knapp daneben) brachte der selbsternannte Aufstiegsfavorit nicht zustande. Trotzdem reichte es auch hier nicht, weil ein Ball (Rückpass?) Heller auf dem falschen Fuß erwischte und der Uerdinger Stürmer recht entspannt einschieben konnte, und wenig später, ebenfalls in der Nachspielzeit eine schnell gespielte Kombination die Abwehr aushebelte und den Ausgleich ermöglichte.
Um ehrlich zu sein, ich weiß auch nicht mehr, wo man nun (kurzfristig und effektiv) den Hebel ansetzen sollte. Der Trainer kann am wenigsten dafür, auch wenn man ihm vielleicht noch vorwerfen kann, Jansen statt z.B. Unzola als defensivere Option gebracht zu haben. Pröger war in beiden Spielen total am Ende seiner Kräfte, ihn auf dem Feld belassen wäre sicher nicht der Schlüssel zum Erfolg gewesen. Ich denke, Jansen sollte den Ball hoch annehmen und halten oder weiterleiten. Der Einsatz stimmte in meinen Augen auch, und so waren es wieder Kleinigkeiten, die uns um die verdienten (!) Punkte gebracht haben. Wir waren in drei Partien mindestens ebenbürtig und holen statt neun nur einen einzigen Punkt.
Bitte nicht falsch verstehen: Auch ich bin der Meinung, dass Giannikis weg muss, seit sein Wechsel feststeht. Dennoch habe ich nicht den Eindruck, dass das Team planlos oder demotiviert auftritt, oder gar gegen den Trainer spielt. Nichtsdestotrotz wäre auch eine sofortige Demission des Griechen oder gar Lucas keinerlei Lösung, die uns sofort hilft. Nur die Mannschaft kann sich und vor allem uns dort herausholen.
Dennoch bin ich der Meinung, dass wir in der anstehenden Wechselperiode dringend tätig werden müssen, um Schwächen im Kader auszugleichen, Stichwort „zweiter Anzug“. Die Startelf ist in meinen Augen ein Top-Team (jaja… mit derzeit Scheiße am Schuh), dahinter ist die Luft doch sehr dünn. Ngankam, Cokkosan, die Youngster, Jansen. Bislang nichts, mit nachhaltigem Eindruck. Besonders ein starker Spielmacher würde uns sicher gut zu Gesicht stehen. Baier mag ein Kämpfer sein, aber gegen Wattenscheid war das für meinen Geschmack zu oft nach hinten, gegen Uerdingen deutlich stärker, aber er ist halt kein Vorbereiter vor dem Herrn, keiner für den finalen Pass in die Spitze – hier geht es fast immer nach außen.
Auch wenn es nach den üblichen Durchhalteparolen klingt: Es muss nun alles daran gesetzt werden, das Positive aus den vergangenen drei Heimspielen auszubauen – Torchancen, selbstbewusstes Auftreten, Zweikampfverhalten – und gleichzeitig müssen besagte Kleinigkeiten in den Griff bekommen werden. Keine Stellungsfehler mehr in der Nachspielzeit (eigentlich am besten GAR NICHT), am Schluss den Ball behaupten und im Zweifel die Karte riskieren oder den Ball bis Frintrop pöhlen. Wer nach 80 Minuten über die gesamte Spielzeit dem Tabellenführer auf den Fersen bleibt, darf nach 90+x nicht auf Platz 12 stehen. Punkt. Nicht mehr, nicht weniger.
Die nächste Partie findet – so der Wettergott mitspielt – auf dem Dorf beim Tabellenletzten aus Rhynern statt, und es bleibt zu hoffen, dass der Gastgeber beflügelt von den letzten Erfolgen keinen Beton anrührt. Denn das erschwerte uns zuletzt immer wieder deutlich, zum Torabschluss und damit zum Erfolg zu gelangen. Auf keinen Fall darf man die Westfalia unterschätzen, weil es sich um einen Dorfverein aus Essener Sicht handelt. Uerdingen lag uns schon deshalb, weil wir nicht von Beginn an das Spiel machen mussten (mehr zu verlieren hatten die Gäste, deren russischer Geldgeber sich berufen fühlte, Wiesinger Minuten vor diesem Beitrag zu entlassen…).
Die Abstiegsplätze sind durch den überraschenden Kölner Erfolg gegen den BVB ein kleines Stückchen näher gekommen. Trotzdem bin ich überzeugt, dass das Polster mit sieben Punkten nach unten dick genug ist, um bei konsequentem Spiel gerade gegen die Teams aus Ernftebrück, Wegberg und Rhynern genügend Punkte zu holen, um mit dem Gedanken an den Worst Case gar nicht erst in Kontakt kommen zu müssen.

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